„Keine Kritik ist schon Lob genug.“ Dieser Satz wird oft zitiert, egal ob ich Führungskräfte-Trainings, Workshops zur Stärkenorientierung oder zur Feedback-Kultur gebe.
Häufige Reaktion der Teilnehmenden: Schnaufen – halb augenzwinkernd, halb ermattet.
Dabei wird mir immer wieder klar, wie eng diese Themen miteinander verknüpft sind. Stärkenorientierung und Feedback-Kultur (sowohl was Wertschätzung als auch Kritikgespräche angeht) sollten nicht getrennt voneinander betrachtet werden.
Ein Problem, das ich immer wieder beobachte, ist der Mangel an Vokabular.
Teilnehmende in Stärken-Seminaren sagen oft:
„Können wir Eigenschaften sammeln, um eine Auswahl an Stärken zu haben? Uns fällt sonst nicht viel ein.“
Sprache formt unser Bewusstsein und beeinflusst, wie wir gemeinsam arbeiten und leben. Wo es an Worten für Stärken und Fähigkeiten mangelt, kann auch kein wertschätzendes, stärkenorientiertes Feedback stattfinden. Da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Deshalb mein Plädoyer: Viel mehr Stärken stärken!
Es gibt immer ein paar Naturtalente, die die Stärken anderer sofort erkennen und benennen können – das ist großartig! Für die meisten von uns gilt aber: Üben, üben, üben!
Wenn wir besser darin werden, unsere eigenen Stärken wahrzunehmen und zu schätzen, legen wir eine solide Basis dafür, um auch die Stärken anderer zu erkennen und zu spiegeln. Dann brauchen wir den alten Satz von früher nicht mehr.
Warum ist das alles so wichtig für Mitarbeiterbindung und Zukunftsfähigkeit? Stärkenorientierung und Feedback sind Schlüssel zu einer positiven Unternehmenskultur.
Eine Studie zeigt: Nur einer von hundert Mitarbeiter*innen, deren Führungskraft Stärken und positive Eigenschaften fokussiert, zeigt unternehmensschädigendes Verhalten. Bei denen, die der Meinung sind, ihre Führungskraft konzentriere sich überwiegend auf Schwächen, sind es bereits 22 Prozent.
Und es gibt noch eine dritte Gruppe: Mitarbeiterinnen, die sich von ihrer Führungskraft ignoriert fühlen. In diesem Fall wird weder auf Stärken noch auf Schwächen eingegangen – die Mitarbeiterinnen fühlen sich nicht wahrgenommen. In dieser Gruppe zeigen 40 Prozent unternehmensschädigende Tendenzen.
Keine Rückmeldungen zu geben, nur weil es nichts zu beanstanden gibt, ist offensichtlich ein weitaus schädlicheres Führungsverhalten als negatives Feedback zu geben.
Wir alle brauchen Feedback! Und einen guten Kontakt zu unseren Stärken.